Die Anfänge der Kirchengemeinde Mariendorf wie auch des Ortes selbst liegen in einer anderen Region Europas: in Frankreich. Mit der Aufhebung des Ediktes von Nantes am 18. Oktober 1685 durch Louis XIV wurde die Ausübung der reformierten Religion in Frankreich verboten. Damit blieb vielen Anhängern dieser Glaubensrichtung nur noch die heimliche Flucht ins Ausland. Zu ihnen gehörten auch die »Mariendorfer«, hauptsächlich Waldenser aus verschiedenen Orten der Cottischen Alpen. Landgraf Karl von Hessen-Kassel hatte die Ansiedlung der Flüchtlinge durch großzügige Konzessionen in seinem Land gefördert. So durften sie unter anderem uneingeschränkt ihren Glauben sowie Sprache und Kultur pflegen. Darüber hinaus wurden auf landgräfliches Geheiß französische Kolonien gegründet. Mit dem Koloniebau von Mariendorf fing man im April 1686 auf Wüstengemarkungen nördlich von Immenhausen an. Bis zur jeweiligen Fertigstellung der Häuser blieben die Flüchtlinge – ca. 300 Personen – in Immenhausen einquartiert. Mit dem Umzug der ersten 110 Réfugiés im April 1687 nach Mariendorf beginnt die Geschichte dieses Ortes.
Die französisch reformierte Kirchengemeinde Mariendorf blieb in den ersten Jahren eng verbunden mit Immenhausen, denn nach wie vor waren viele Gemeindeglieder, vor allem auch der die Gemeinde betreuende Geistliche dort noch einquartiert. Erst nach der Erbauung eines Pfarrhauses zog 1712 der Pfarrer Louis de Lescure nach Mariendorf. Er war nach Jean Laget und Jean le Blanc der dritte Pfarrer der Gemeinde. Die Gottesdienste feierte die französische Gemeinde zunächst in der Immenhäuser Stadtkirche. Daraus resultierte ein Benutzungsrecht, das auch lange nach der Fertigstellung einer eigenen Kirche in Mariendorf nicht aufgegeben wurde. Diese Kirche wurde von 1701 bis 1705 erbaut. Sie findet sich an hervorgehobener Stelle in dem Ortsplan, der wahrscheinlich von Paul du Ry stammt. Diesem Plan lag die Form des Kreuzes zugrunde: Eine Gebäudezeile markierte den Querbalken in west–östlicher Richtung, während die Kirche im Norden und die Gebäude im Süden um den Anger herum den Kreuzesstamm bildeten. Der Glaube der Koloniegründer fand auf diese Weise bis in die sichtbare Gestaltung des Ortes hinein seinen Ausdruck.